14.04.2012 10:59 Uhr | Ara | 7279 Aufrufe
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Blizzard hat den Big Brother Award für World of Warcraft bekommen (siehe hier). Mit diesem Award werden Unternehmen ausgezeichnet, die durch übertriebene Datensammelwut auffallen. Das Komitee kritisiert vor allem die Anti-Cheat-Software Warden, das Arsenal und die Nutzungsbedingeungen.
Dabei scheint der FoeBuD e.V., der hinter dem Award steht, aber diesmal ein wenig über das Ziel hinausgeschossen zu sein. In der Begründung zeigen sich deutliche Verständnisprobleme und stellenweise falsche bis hin zu abstrusen Theorien.
Kritisiert wird vor allem die Anti-Cheat-Software "Warden" von Blizzard, die seit einigen Jahren die Spiele vor Cheats und Bots schützen soll. Dass das Komitee nicht gänzlich verstanden hat was Warden ist, zeigt sich schon darin, dass sie der Meinung wären, dass Origin von Electronic Arts das Pendant zu Warden wäre.
Während Warden jedoch eine reine Anti-Cheat-Software ist, die den Arbeitsspeicher scannt, handelt es sich bei Origin von EA um eine Vermarktungsplattform wie Steam oder der Battle.net Store, die weder eine Anti-Cheat-Mechanik besitzen, noch den Arbeitsspeicher scannen. Zwei völlig verschiedene Sachen.
Eine zweite Kritik betrifft das Arsenal. Während die meisten Spieler das Feature mehr als begrüßen, sieht die Jury hier drin ein großes Datenschutzproblem. Angeblich könnte man im Arsenal erkennen "wer wann, wie lange und wie oft gespielt hat".
Tatsächlich ist es theoretisch feststellbar, an welchem Tag jemand gespielt hat. Dazu muss er jedoch einen Erfolg oder Ähnliches an diesem Tag gesammelt haben. Dagegen ist es nicht möglich festzustellen, dass jemand an einem Tag nicht gespielt hat. Da aber nicht jeder Spieler an jedem Tag einen Erfolg oder einen Gegenstand holt, sind die Daten für ein Bewegungsprofil unbrauchbar.
Zusätzlich ist, da lediglich Tage und keine Stunden gespeichert werden, auch nicht möglich die Länge der Spielzeit zu ermitteln. Auch wie oft jemand gespielt hat, ist aus dem Arsenal nicht zu erkennen, da es nicht die Tage anzeigt an denen man nicht gespielt hat, sondern nur die Tage an denen Aktivitäten erreicht wurden, die zu einer Änderung am Arsenal führen.
Wirklich kurios wird aber die weitere Begründung. So könnte, nach Aussage des Komitees, ein Psychologe aus der Berufswahl, "den Entscheidungen bei Konfliktsituationen" und dem "Handelsverhalten" ein Persönlichkeitsprofil erstellen könnte. Dieses könnte dann dem Militär zur Rekrutierung neuer Soldaten dienen. Zusätzlich erwähnt das Komitee, dass einige Aufgaben in World of Warcraft schon jetzt den Eindruck erwecken, "als wären sie speziell für das Casting von Rekruten in Spezialeinheiten vorgesehen". Zwischen den Zeilen wird Blizzard somit auch vorgeworfen, dass World of Warcraft ein Rekrutierungsprogramm des Militärs wäre. Was soll man dazu sagen? Abgesehen von: "Aluhüte anyone?".
Abschließend wird das Real ID-Feature kritisiert. Leider vermengt hier der FoeBuD e.V das Real ID-Feature mit dem, vor einigen Monaten diskutierten, Klarnamens-Zwang. Letzterer wurde von Blizzard nie umgesetzt, das heutige Real ID-Feature erlaubt nicht das Posten unter einem Klarnamen. Das Feature ist vollkommen freiwillig und erlaubt die spielübergreifende Community. Es hat nichts mit dem damals zu Recht kritisiertem Klarnamens-System zu tun. Auch ist die Aussage falsch, dass man für das Real ID-Feature den Zugriff auf die Facebook-Freundesliste erlauben muss. Das Facebook-Feature erlaubt lediglich seine Real ID-Freundesliste zu füllen.
Auch beim nächsten Punkt irrt das Komitee: So wird behauptet, dass man unterschiedliche Email-Adressen für StarCraft II und World of Warcraft verwenden muss (Damit meinen sie vermutlich unterschiedliche Battle.net Accounts), damit Freunde nicht sehen, dass man ein anderes Spiel spielt. Das ist natürlich ebenfalls Quatsch. Es reicht völlig aus, dass man das Real ID-Feature nicht nutzt, sondern ausschließlich die Freundesliste im jeweiligen Spiel. Dann wird man auch nicht gesehen. Optional kann man, wenn man Angst vor Spionage durch Freunde hat, auch gänzlich auf Freunde und soziale Kontakte verzichten.
Ich möchte hier gar nicht sagen, dass Blizzard nicht vielleicht doch den Big Brother Award verdient hat, die Begründung ist aber zum größten Teil falsch und fern jeder ernsthafter Grundlage. Teilweise ist dies technischem Unverständnis geschuldet, teilweise wurde aber auch anscheinend das Konzept einzelner System grundlegend nicht verstanden. Dazu kommen kuriose Verschwörungstheorien vom US-Militär, die keiner weiteren Kommentierung bedürfen.
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Danke für den aufschlussreichen Kommentar Ara. Blizzard mag zwar durchaus zwiespältig aufgenommen werden, aber so nen Quatsch kann man eigentlich nicht unkommentiert lassen!